Mammografie und Ultraschall

Erstmals im Oktober und November 2012 sind die Daten zum Mammographie-Screening- Programm, das seit Oktober 2005 im Vergleich bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wird, vorgestellt worden. Am 11. August 2008 hatten alle 23 vorgesehenen Screening-Einheiten in NRW mit mindestens einer Mammographie-Einheit ihre Tätigkeit aufgenommen. Seit dem 23. Dezember 2009 war die flächendeckende Implementierung des Screening-Programms in NRW abgeschlossen [1]. Das Mammographie-Screening- Programm wurde eingeführt mit der Zielsetzung, die Sterblichkeit an Brustkrebs (Mammakarzinom) nachhaltig zu senken, angestrebt sind bis zu 20%. Im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms erhalten alle Frauen in Deutschland im Alter zwischen 50-69 Jahren alle zwei Jahre eine schriftliche Einladung zur Teilnahme am Programm zur qualifizierten Brustkrebsfrüherkennung durch Mammographie. Rund 10 Millionen Frauen in dieser Altersgruppe haben Anspruch auf diese Untersuchung.

Das Ziel des Programmes ist – wie das Ziel aller Krebsfrüherkennungsuntersuchungen – die Brustkrebserkrankung möglichst frühzeitig, das heißt, einen möglichst kleinen Tumor (Knoten) zu erkennen. Darum ist es natürlich wichtig, zu wissen, mit welcher Treffsicherheit Frauen, die an dem Programm teilnehmen, rechnen können: Wie groß ist ihre Chance, dass ihr Brustkrebs wirklich frühzeitig erkannt wird? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine kleine Brustkrebserkrankung nicht bei dieser Untersuchung erkannt wird, sondern möglicherweise erst in dem Untersuchungszeitraum innerhalb der zwei Jahre bis zur nächsten Einladungsmammographie?

Brustkrebserkrankungen, die in dem Zwischenzeitraum zwischen zwei Einladungsmammographien erkannt und diagnostiziert werden, bezeichnen wir als Intervallkarzinome.

Wie häufig passiert es, dass im Zeitraum von ein bis zwei Jahre nach der Screeninguntersuchung ein Mammakarzinom auftritt?

Die Zahlen aus NRW: Im ersten Untersuchungsintervall zwischen 2005-2008 haben in NRW insgesamt 878.764 Frauen eine Mammographie-Screening-Untersuchung erhalten. Bei dieser ersten Untersuchung im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms wurde bei insgesamt 7176 Frauen eine Brustkrebserkrankung (Mammakarzinom) gefunden. Das entspricht 8,1 Erkrankungsfälle auf 10.000 untersuchte Frauen. Im Zeitraum von 24 Monaten nach der ersten Untersuchung im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms traten bei 2036 Frauen Intervallkarzinome auf. Das bedeutet landesweit für NRW eine Intervallkarzinomrate von 23,2 pro 10.000 ursprünglich als unauffällig eingestuften Frauen. Diese Zahlen bedeuten, dass de facto nur vier von fünf Brustkrebspatientinnen im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms erfasst werden.[2]

Die Ursachen dafür können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend erfasst werden. Zum Teil gehen die Autoren [1] davon aus, dass es sich hierbei um sehr rasch wachsende, aggressive Brustkrebserkrankungen behandelt. Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Erfassung von so genannten Intervallkarzinomen dürfte sein, dass die Mammographie gerade bei sehr dichtem Drüsengewebe in ihrer Aussagekraft eingeschränkt sein kann. Normalerweise wird dies in den Befundberichten der Röntgenfachärzte mit der so genannten ACR-Klassifizierung mitgeteilt. Darüber hinaus gibt es sicher auch Fehler bei der Beurteilung der Mammographie. So wird eine Erweiterung und Verbesserung der Qualitätskontrolle innerhalb des Programms erforderlich sein.
Die Autoren fassen klar zusammen, dass „ein teures Programm implementiert wurde, aber erst mit Verzögerung Maßnahmen getroffen werden, dieses Programm zu evaluieren. . . . betont werden muss, dass nur ein bevölkerungsbezogenes und vollständiges Krebsregister – wie es in Nordrhein-Westfalen und in vielen anderen Bundesländern existiert – die Qualität der Früherkennung bewerten kann.“[1]

Als Ärztin bin ich sehr betroffen, dass jetzt über sieben Jahre nach Einführung des Mammographie-Screening-Programms erst deutlich wird, dass hier ein teures Programm implementiert wurde, ohne sofort entsprechend die Möglichkeiten und Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Verbesserung umfassend abzusichern. Im Interesse der untersuchten Frauen, und um diese allein geht es ja hier, stimmt mich dies doch sehr nachdenklich. Insgesamt stellen diese Ergebnisse für mich keine Überraschung, sondern eher eine traurige Bestätigung der Erfahrungen in der Praxis in den zurückliegenden sechs Jahren dar. Die Beobachtung, dass ein erheblicher Teil der Brustkrebserkrankung nicht im Rahmen der Mammographie-Screening Untersuchung erfasst wird, entspricht absolut meinen Beobachtungen in der Praxis.

Was für Empfehlungen und Überlegungen können aus diesen Daten abgeleitet werden?

1. Das Untersuchungsintervall bis zur nächsten Mammographie in zwei Jahren kann unter Umständen für die einzelne Frau zu lang sein.
2. Falls eine Patientin zu den Frauen gehört, die eine sehr dichte Brust und damit eine geringere Aussagekraft der Mammographie – möglicherweise nur zwischen 50-70% (ACR III bis ACR IV) aufweist, was sie aus ihrer Befundmitteilung vom Mammographie-Screening nicht erfährt – ist es in jedem Fall sinnvoll, ein weiteres bildgebendes Verfahren zu nützen. Nach unseren eigenen Erfahrungen untersuchen ich regelmäßig Patientinnen, bei denen ich im Untersuchungsintervall zwischen den Mammographie-Screening-Untersuchungen eine Brustkrebserkrankung mittels Ultraschall entdecke – teilweise weniger als sechs Monate nach der Mammographie-Screening-Untersuchung.

Was möchte ich jeder Patientin empfehlen?

Wie es auch in der Mitteilung des Befundes aus dem Mammographie-Screening enthalten ist, möchte ich jeder Frau nahe legen, auch wenn die letzte Mammographie- Untersuchung nur kurz zurück liegt, sofort einen Frauenarzt aufzusuchen, wenn sie irgendeine Auffälligkeit an ihrer Brust bemerkt oder sich einfach nur unsicher fühlt. Mit einer regelmäßigen Durchführung einer Ultraschalluntersuchung der Brust kann jeder Frau eine zusätzliche bildgebende Untersuchung angeboten werden, die gerade auch bei der dichtem Brust, die für die Mammographie oft problematisch zuverlässig zu erfassen ist, wertvolle Informationen liefern kann. Damit kann sicher die Chance der frühzeitigen Entdeckung der Brustkrebserkrankung verbessert werden. Auch im Ultraschall können wir Karzinome zwischen 7-15 mm Größe erkennen. Das ist ebenfalls Früherkennung!

Literatur

1. Blettner, Maria und Zeissig, Sylke Ruth. „Mammographie- Screening-Programm: Qualität sichern“ Deutsches Ärzteblatt International 2012. 109(46): 779-80. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0779
2. Hrsg.: Kooperationsgemeinschaft Mammographie, 2012: „Aktuelle Daten zum deutschen Mammographie-Screening-Programm“ Evaluation Bericht 2008-2009, Qualitätsbericht 2008-2009 Hubert Koch-Institut (ERKI) 2012: unter GBE kompakt, 4/2012

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Weiterbildung: Psychotherapie, Sexualtherapie, Psychoonkologie

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